In nuce

B.A.Zimmermann: Frühe Orchesterwerke                  WERGO 6656 2

Text: Peter Hirsch

B.A.Zimmermann, ein Komponist zwischen allen Stühlen, zwischen den Gezeiten. Von der Generation der nur um wenige Jahre Jüngeren trennten ihn die Jahre, die er als Junger im Krieg verlor. Eine Zeit des Übergangs, des Umbruchs sei die Nachkriegszeit für ihn gewesen, liest man; Begriffe, denen immer etwas von Unfertigem, von Noch-nicht-Angekommen anhaftet. Übergang wohin? Und von wo? Vom Krieg zum „Spätwerk“?
     In allen vier vorliegenden Kompositionen der 50er Jahre steckt etwas Janusköpfiges; bewußte dialektische Verknüpfungen des Heterogenen, des Ungleichzeitigen, auch des stilistischen ´Einerseits-Andererseits´. Brückenschlag zwischen Tradition und Aufbruch, U- und E-Musik, Form und Ekstase. Zimmermanns „Kugelgestalt“ beschreibt auch den Innenraum seines Bewußtseins. Die Komplexität seiner Wahrnehmung von Welt nimmt Erfahrungen vorweg, wie wir sie heute im Zeitalter von All-Gegenwart und All-Verfügbarkeit der modernen Medien machen. Ein seismographisch registrierender, vorurteilsloser Blick auf die Dinge verleiht der Musik eine Zeitgenossenschaft, die gleichsam über ihre eigene Zeit hinausreicht. Was das auch bedeutet, ist: Permanente Gegenwart ohne Aussicht auf glückliche Zukunft.
     Absturz ins Bodenlose. - Nobody knows the abyss I see.

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